Milchzähne

... warum beachten, sie fallen sowieso bald aus!


Leider ist dies eine nach wie vor verbreitete Ansicht unter Hundehaltern, jedoch können Erkrankungen des Milchgebisses nicht nur schmerzhaft für den Welpen sein, sondern auch bleibende Schäden hinterlassen. Im Alter von 15-20 Tagen beginnen die Milchzähne beim Hund durchzubrechen und mit 50 Tagen sollte das Milchgebiß vollständig (28 Zähne) vorhanden sein. Der Zahnwechsel zum bleibenden Gebiss setzt etwa mit dem 3.-4. Monat ein und dauert bis zum 7. Monat.
Kleine Hunderassen brauchen meist noch etwas länger.

Das häufigste Problem während dieser Zeit sind abgebrochene Milchzähne. Die noch nicht so belastungsfähigen Zähne halten oftmals die wilden Tobereien der Welpen oder einen unerfahrenen Biss auf einen harten Gegenstand (Stein) nicht aus.
Als Hundebesitzer sollte man deshalb täglich das Gebiss des Hundes kontrollieren.

Bild 1

(Abb.1)

Wenn ein Zahn abgebrochen ist kommt es darauf an, ob die Nervhöhle mit eröffnet wurde oder nicht. Ist ein roter (bei frischen Verletzungen) oder ein schwarzer
(bei älteren Verletzungen) Punkt am Zahn zu sehen,
ist auf jeden Fall der Nervraum offen.


Um dem vorzubeugen, sollten Hunde unter 4 Monaten vorzugsweise eine Füllung erhalten, während man bei älteren Tieren den Zahn lieber zieht.
Wichtig ist, daß dabei der gesamte Wurzelrest entfernt wird.
Und das tut auch bei einem Milchzahn weh! Außerdem steht die Nervhöhle des Zahnes in direkter Verbindung zum Kieferknochen und damit zum Zahnkeim des bleibenden Zahnes.

Durch die Eröffnung der Nervhöhle können auf diese Weise Keime eindringen, die Kieferentzündungen und Entwicklungsstörungen des Zahnkeimes hervorrufen können. Um solchen Komplikationen vorzubeugen, ist es notwendig einen abgebrochenen Zahn möglichst rasch von einem Tierarzt versorgen zu lassen. Dieser wird je nach dem, welcher Zahn betroffen ist, wie alt der Hund ist und wie der verbleibende Teil des Zahnes beschaffen ist, eine Extraktion (Entfernung) des Zahnes oder eine Füllung vorschlagen.

Bei sehr jungen Hunden besteht die Gefahr, daß man bei der Lockerung der Milchzahnwurzel den darunter liegenden Zahnkeim des bleibenden Zahnes beschädigt.

(Abb.2)

Ein weiteres Problem im Milchgebiß stellen enggesteckte Eckzähne im Unterkiefer dar. Die Spitzen solcher Zähne befinden sich dann nicht wie normalerweise seitlich am Oberkieferknochen zwischen dem letzten Schneidezahn und dem Eckzahn, sondern beißen aufgrund ihrer steilen Stellung in das Gaumendach ein.

Bild 2


An dieser Stelle kommt es zu einer Zahnfleischentzündung. Das Hauptproblem bei dieser Erkrankung besteht jedoch darin, daß der Unterkiefer nicht mehr ausreichend wachsen kann. Das Wachstum von Ober- und Unterkiefer verläuft nicht gleichmäßig.
Während der Oberkiefer weiter wächst, bleibt der Unterkiefer wie angenagelt in seiner Position.
Das Ergebnis ist ein verkürzter Unterkiefer.
Die Therapie besteht in einer möglichst frühzeitigen Entfernung der beiden unteren Milcheckzähne, um ein ungehindertes Wachstum zu ermöglichen.

Während der Zeit des Zahnwechsels, kommt es öfter vor, daß der neue Zahn schon zu sehen ist, während der Milchzahn noch an seinem Platz steht.
Man spricht dann von persistierenden (nicht ausgefallenen) Milchzähnen.

Normalerweise drückt der bleibende Zahn während seines Wachstums von hinten auf die Wurzel des Milchzahnes. Durch diesen Druck wird die Wurzel des Milchzahnes resorbiert (aufgelöst). Wenn der Zahn dann keinen ausreichenden Halt mehr hat, fällt er aus und gibt den Weg für den bleibenden Zahn frei.

Sehen wir also den Milchzahn und den bleibenden Zahn gleichzeitig, besitzt der Milchzahn noch seine Wurzel und ist mit dem Kiefer fest verankert. Der neu hochwachsende Zahn wird durch den Milchzahn häufig in eine unnatürliche Position gebracht, wodurch weitere Probleme wie starke Zahnsteinbildung, Parodontose und frühzeitiger Verlust der Zähne entstehen.

Viele Fehlstellungen des bleibenden Gebisses haben ihre Ursache in persistierenden Milchzähnen. Haben die bleibenden Zähne erst einmal eine entsprechende Fehlstellung, ist diese gar nicht oder nur durch aufwändige kieferorthopädische Behandlungen (Zahnspangen) zu korrigieren.

Bild 3

(Abb. 3)


Grundsätzlich sollte jeder Milchzahn, dessen Nachfolger schon sichtbar ist und der keine Anzeichen einer Lockerung zeigt, gezogen werden. Am häufigsten betrifft das den Eckzahn.


Der bleibende Eckzahn bricht im Oberkiefer normalerweise vor dem Milcheckzahn und im Unterkiefer innen neben dem Milcheckzahn durch

(Abb. 3 und 4)

Bild 4

 

Manchmal kommt es vor, daß der Zahnwechsel zwar abgeschlossen ist aber trotzdem ein oder mehrere bleibende Zähne fehlen. Für den Hund stellt das in den meisten Fällen kein Problem dar. Allerdings führen fehlende Zähne häufig zum Zuchtausschluss. In diesen Fällen sollte röntgenologisch abgeklärt werden, ob der betroffene Zahn wirklich nicht angelegt ist oder ob die Zahnanlage vorhanden und im Kieferknochen eingeschlossen ist. In diesem Fall kann man versuchen, den Zahn chirurgisch freizulegen, damit er ungehindert wachsen kann. Diese Behandlung muß jedoch rechtzeitig erfolgen, solange die Zähne noch im Wachstum sind.

Die Voraussetzung für fast alle Behandlungen an Zähnen ist eine Narkose. Je nach Dauer und Schmerzhaftigkeit des Eingriffs wählt der Tierarzt eine geeignete Narkose aus, die auch auf das jugendliche Alter des Patienten abgestimmt ist. Der Erfolg einer Zahnbehandlung hängt sehr stark vom Zeitpunkt der Behandlung ab.

Da die meisten Welpen mit der 12.Woche durchgeimpft sind und dann seltener beim Tierarzt vorgestellt werden, ist es sehr wichtig, daß der Hundehalter das Milchgebiß und den Zahnwechsel kontrolliert, um Probleme möglichst frühzeitig zu erkennen.


Dr. med. vet. Jan Schreyer, Chemnitz
Prakt. Tierarzt / Zusatzbezeichnung Zahnheilkunde

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