Aus: HundeZeitung, Ausgabe 11/2002


Was alles tierisch krank macht

Über erbliche und Krankheiten durch Zucht wird noch zu schreiben sein. Hier wird erst einmal, gewissermassen als Erste Hilfe, ein grober Abriss vorgestellt, "was es so alles gibt" an "gewöhnlichen" Hunde-Krankheiten.
Der Artikel hilft vielleicht auch, Vorurteile abzubauen.


Stichworte:
Staupe (S) / Hepatitis contagiosa canis (H) / Parvovirose (P) / Parainfluenza (Zwingerhusten) (Pi) / Leptospirose (L) / Tollwut (T). Mit Impfplan.


Die meisten Krankheiten sind hausgemacht. Das heisst: durch Inzucht und andere falsche Zuchtpaarungen werden Erbkrankheiten wie Muskel-, Knochen- oder Gelenkerkrankungen (Hüftdysplasie, abgekürzt HD; Ellenbogendysplasie, abgekürzt ED), Epilepsie, oder Haut- und Augenkrankheiten gefördert. Inzucht bei Menschen fördern deren genetische Mängel. Das weiss man seit Jahren. Warum tun Züchter dies dann bei Tieren? Letztlich ist der schnöde Mammon daran schuld, wenn Hunde Nerven- oder Hirn- oder Hautdefekte oder löchrige Schädeldecken haben, und Defekte an den Gelenken und am Knochengerüst an der Tagesordnung sind.

Prof. Wilhelm Wegner (Genetiker und Tierarzt): "Es ist aus der Sicht des Züchters sicher ein Stück Gewinnsucht dabei, denn für exotische Hunde bekommt man exotisch hohe Preise. Schuld sind aber nicht nur die Züchter, sondern auch die Käufer dieser Hunde mit ihrem snobistischen Hang zu ausgefallenen, exotischen Hunden, zum Freak an der Leine, in dem sie ein Stück Selbstverwirklichung für sich selbst sehen."


Epilepsie ist eine immer häufiger auftretende Krankheit. Wenn es denn eine ist. Es gibt zu wenig Untersuchungen über Epilepsie und ihre vielfältigen Formen und Ursachen. Eine sehr informative und verständliche Internet-Homepage der Universität von Missouri (http://www.cvm.missouri.edu/cen/) schreibt, dass manche Studien von vier Prozent befallenen Hunden ausgehen, manche Zuchtlinien freilich bis zu 14 Prozent davon befallen sind. Epilepsie wird in Züchterkreisen gern verschwiegen. Weil man dann aus dem Geschäft raus ist. Denn seltene Formen von Epilepsie sind erblich. Epilepsie ist zu different. Krämpfe aller Art und Intensität jedoch können sehr viele Ursachen und Verläufe haben. In jedem Fall ist eine gewissenhafte veterinärmedizinische Diagnose angesagt. In manchen Fällen hilft auch Chirotherapie (Abtasten von Fehlstellungen bei Wirbeln etc.), doch es gibt in Deutschland nur fünf Tierärzte, die Chiropraktik anbieten.

Die häufigsten Formen der Gelenkerkrankungen werden ausgelöst durch erbliche Veranlagung, anatomische Stellungsanomalien, Übergewicht oder falsche Ernährung bereits im Welpenalter und führen zu einer chronischen Überbelastung der Gelenke und einer Schädigung der Knorpel. Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit und Bewegungsunlust wegen ständiger Gelenkschmerzen sind die Folge. Gelenkerkrankungen können jedoch erst spät diagnostiziert werden.

Zu den genetischen Krankheiten gehören auch angeborene Stoffwechselstörungen. Zum Beispiel das Unvermögen, gewisse Aminosäuren zu verarbeiten (Alkaptonuria). Dies kann unter anderem zu Arthritis führen. Ein besonders perfides Problem ist die derzeit noch nicht behandelbare Tay-Sachs-Krankheit, bei der ein wichtiges Stoffwechselenzym betroffen ist: eine Anhäufung von Knoten im Nervensystem, unter anderem mit den Folgen degenerativer Nerven, Blindheit und die Unfähigkeit zu lernen. Die Hunde scheinen bei Geburt gesund, im fortschreitenden Alter befallen sie aber motorische Störungen und sterben mit etwa drei Jahren. Schuld daran sind schlechte Genkombinationen.


Hundeinfektionen der fast vergessenen Art tauchen wieder auf. Vornehmlich durch verantwortungslose "Züchter" aus osteuropäischen Ländern, aber auch Tierheimen gedeiht wieder die Staupe. Neue Infektionen wie Parvovirose oder Gardia Lamblia nisten sich bei Hunden ein. Die letztere Infektion, bislang nur in den Tropen bekannt, verbreitet sich am besten auf Hundeplätzen aller Sorten. Schon deshalb muss Kot sofort entsorgt werden. 13 Infektionskrankheiten sind derzeit bekannt. Gegen die wichtigsten acht kann schutzgeimpft werden.


Hier in grundlegenden Beschreibungen die Erkrankungen, gegen die relativ zuverlässig geimpft werden kann. Oft befinden sich in einer Spritze Impfstoffe gegen mehrere Erreger, gegen die der Hund zur gleichen Zeit geschützt wird. Hundehalter sollten in jedem Fall Injektionen und Zeitpunkt mit ihrem Tierarzt/ihrer Tierärztin absprechen.


Hinter den folgenden Infektionen steht eine Abkürzung, die auch im Impfpass abzulesen ist.


Staupe (S)
Eine hochansteckende und neuerdings wieder verstärkt auftretende, meist durch so genannte "Ost-Importe" oder Mitnahmen aus südlichen Urlaubsländern eingeschleppte Virusinfektion. Auch Marder, Frettchen oder Nerze erkranken daran, wie auch - in einer anderen Form - Seehunde. Infizierte Tiere scheiden Viren mit allen Körperflüssigkeiten aus und stecken damit andere Hunde an. Innerhalb einer Woche nach der Ansteckung bekommen die Hunde Fieber, bevor die eigentliche Krankheit ausbricht. Und das kann schnell und vehement vor sich gehen. Drei unterschiedliche, aber auch kombinierte Symptome treten dabei auf: Die Nervenform etwa durch Lähmungen, Bewegungs-, Gleichgewichtsstörungen oder auch Verhaltensänderungen. Die Darmform mit mehr oder weniger intensivem Durchfall. Die Lungenform durch schlichtes Husten bis zur Lungenentzündung. Die Stärke der Erkrankung ist sehr unterschiedlich - schon durch die schnelle Erkennung behandelbar, viele Tierärzte kannten bis vor kurzem die ausgestorben geglaubte Staupe gar nicht mehr - und kann bleibende Schäden hinterlassen: an den Zähnen (vorzeitiger Verfall), den Fussballen (zum Beispiel Hard-Pad-Syndrom und Rissigkeiten). Staupe kann tödlich sein.


Hepatitis contagiosa canis (H)
Eine durch Vireninfektion hervorgerufene, ansteckende Leberentzündung, die speziell Hunde, aber auch Füchse befallen kann. Füchse bekommen eine Gehirnentzündung. Hunde infizieren sich meist durch Kontakt mit anderen Hunden oder an deren Urin, Kot und Speichel. Einige Tage nach der Ansteckung zeigt sich Müdigkeit, verstärkter Durst bei vermindertem Appetit. Dadurch treten Bauchschmerzen auf, die durch einen gekrümmten Rücken oder durch eine ausnehmend starke Berührungsempfindlichkeit hinter dem Rippenbogen deutlich werden können. Auch Erbrechen, Durchfall und Bindehautentzündung sind Symptome, Krämpfe seltener. Vor allem bei Welpen verläuft die Hepatitis oft tödlich. Je älter die Tiere werden, desto glimpflicher kann die Erkrankung verlaufen. Eine Folge kann das so genannte "blue eye"-Auge sein, eine Hornhauttrübung, durch die das Auge undurchsichtig wird und wie ein Glasauge erscheint.


Parvovirose (P)
Auch Katzenseuche genannt. Eine sehr ernsthafte Virus-Infektion. Parvo-Viren befallen vor allem die Dünndarmzellen. Befallene Zellen werden zerstört. Folge ist ein starker, oft blutiger Durchfall, meist kombiniert mit Erbrechen. Bei Welpen in den ersten zwei Lebenswochen werden eher die Herzzellen angegriffen. Hier stehen Herzfehler im Vordergrund. Die Erkrankung endet in beiden Fällen oft tödlich.
Das grösste Problem bei der Parvovirose ist die monate- bis jahrelange Überlebensfähigkeit der Viren in der Umgebung. Die meisten Desinfektionsmittel, Hitze- und Kältebehandlungen sind wirkungslos, so dass die Erreger mit besonderen Massnahmen bekämpft werden müssen. Eine Ansteckung kann wegen der starken Widerstandsfähigkeit direkt über Artgenossen erfolgen, aber auch durch eine infizierte Umgebung. Katzen haben prinzipiell die gleiche Erkrankung. Die entsprechenden Katzenviren sind jedoch für Hunde nicht gefährlich.


Parainfluenza (Zwingerhusten) (Pi)
Wird durch die gleichlautenden Viren verursacht. Die Erkrankung setzt sich in den Luftwegen der Hunde fest und führt meist zu einem trockenen, heftigen Husten, der fast bellend klingt. Dieser gehört in den Komplex des Zwingerhustens. Der Zwingerhusten ist eine Erkrankung, die durch unterschiedlichste Viren oder Bakterien, meist mehrere gemeinsam, ausgelöst werden kann. Der Zwingerhusten tritt meist auf, wenn viele Hunde auf engem Raum Kontakt haben (Hundeschulen, Hundesportplätze, Agility, Hundepension, Tierheim) und eine Mischung der unterschiedlichsten Keime aller Hunde stattfindet.


Leptospirose (L)
Diese Erkrankung wird durch Leptospiren-Bakterien ausgelöst. Ansteckung durch Urin infizierter Hunde, aber auch über Ratten an Tümpeln, Seen oder feuchten Böden. Die Leptospirose kann Nieren- und Leberschäden hervorrufen. Infizierte Tiere können monate- bis jahrelang hin und wieder Leptospiren über den Urin ausscheiden. Diese Bakterien können auch andere Tiere und Menschen befallen! Der Hund ist aber besonders anfällig für diese Erkrankung.


Tollwut (T)
Alle Säugetiere und Vögel, auch Menschen sind durch diese bekannte Erkrankung gefährdet. Sie entzündet vor allem das Gehirn. Übertragen wird Tollwut (engl. Rabies) meist mit dem Speichel durch den Biss. Von der Bissstelle aus wandern die Viren an den Nerven entlang Richtung Rückenmark und anschliessend zum Gehirn, von dort aus zu den Speicheldrüsen, von denen aus das Unheil weiter übertragen werden kann.
Während der Erkrankung durchlaufen die Tiere drei mehr oder weniger ausgeprägte Phasen, die von Verhaltensänderung (wilde Tiere werden zutraulich) über Aggressivität zur Depression mit Lähmungen verschiedener Muskeln gehen. Die Erkrankung endet meist mit dem Tod. Es gibt jedoch auch - atypische - mildere Formen der Erkrankung vor.
Sind die Tiere erst einmal erkrankt, ist deren Behandlung gesetzlich verboten, sogar bei nur Verdacht auf Tollwut sind die Tiere zu töten. Es sei denn, man kann eine gültige Schutzimpfung nachweisen, die nicht länger als zwölf Monate zurückliegt (Tollwut-Verordnung).

Impfplan:

Im Alter von:

Impfung gegen:

ca. 6-8 Wochen

Parvovirose, Zwingerhusten

ca. 8-10 Wochen

Staupe, Hepatitis, Leptospirose

ca. 10-12 Wochen

Parvovirose, Zwingerhusten

ca. 12-14 Wochen

Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Tollwut

 

 

jährliche Wiederholung
Achtfachimpfung bis fünf Jahre,
im höheren Alter reicht die Dreifachimpfung

Staupe, Hepatitis,
zweierlei Formen von Leptospirose,
zweifache Parvovirose, Zwingerhusten, Tollwut

 

Grundsätzlich sollten nur gesunde und parasitenfreie Tiere geimpft werden. Nur so ist mit genügend Abwehrstoffen zu rechnen. Alle Impfungen sind ein nur fast perfekter Schutz. Sie wirken nur, wenn bei erwachsenen Hunden mindestens alle sechs Monate eine Wurmkur (gegen Band-, Spul- und Fuchsbandwürmer) durchgeführt wurde. Dazu misst man das Gewicht des Hundes und stimmt darauf die Dosis ab (Regel: eine ganze Tablette pro Zehnkilo). Der Hund muss natürlich fieberfrei sein. Die Wirkung: er wird wahrscheinlich etwas Dünnpfiff haben. Welpen oder Junghunde sollten wegen des erhöhten Schnupperns an fremdem Kot und durch mehr Sozialkontakte zu anderen Hunden alle zwei Monate entwurmt werden. Eine Probe (es reicht wirklich eine Probe) des ausgedufteten Inhalts übergeben Sie per Plastiktüte dem Tierarzt/der Tierärztin, der auf Wurmbefall analysieren lässt. Die übelsten Wurmstätten sind nicht so sehr Wald und Flur, sondern Hundeplätze und vor allem die leidigen "freien" Klos in den Städten.


Die normale Körpertemperatur beträgt bei kleinwüchsigen Hunden 38,5 bis 39,0 Grad, bei grosswüchsigen ist sie etwas niedriger (wie auch generell bei älteren Hunden): 37,5 bis 38,5 Grad. Das Einnehmen von Medikamenten ist die gleiche widerliche Prozedur, wie wir sie als Kinder erlebten. Wenn man schon so scheinheilig mit süsslichen Worten daherschleicht... Höchst verdächtig! Und dann schmeckt das fremde Zeug, das so gar nicht nach Leckerlei aussieht, ekelhaft. Mit dieser Erfahrung wird das Einnehmen natürlich schwieriger. Das erste mal übertölpelt, im guten Glauben, wird es trotz guter Worte und sanftem Griff schwerer, die Schnauze zu öffnen. Es hilft nur der Griff in die Lefzen, damit er nicht aus Angst zubeisst. Auf seine Lefzen beisst er nicht gern. Das zügige Einträufeln soll unnötigen Stress vermeiden. Und dann spuckt er es wieder aus! Dagegen hilft ein Trick: Massieren Sie leicht seine Gurgel. Das regt das Schlucken an und führt zum Erfolg. Hinterher darf er belohnt werden.


Den Begriff "Wundermittel" verwende ich normalerweise nicht, aber "Calo Pet" ist eines. Die Paste aus der Schweiz ist ein Not-Nahrungs-Konzentrat, wenn der Hund sonst Nahrung verweigert. Mein Hund konnte dank homöopatischer Mittel von Tierärztinnen, meiner Zuwendung und eben diesem Calo Pet seine sonst tödlich verlaufende Staupe überwinden, weil er keine andere Nahrung mehr aufnahm. Aber Calo Pet leckte er vom Löffel.


Für die Kontrolle einer gesunden Aufzucht - besonders bei sehr grossen und/oder schweren Rassen, als schnell wachsenden - ist es sehr wichtig, den genauen Calcium-Phosphor-Wert des Hundes zu kennen. Den idealen Wert stellen Tierärzte fest.
Hunde nehmen ihre Informationen vor allem über den ausnehmend hervorragenden Geruchssinn auf. Das heisst: Sie beschnuppern alles, was interessant für sie ist. Wenn wir nun menschlich entgeistert - mit unseren Moralvorstellungen über Fäkalien und unserem Wissen über Hygiene und gesundheitliche Gefahren - darauf reagieren, wenn vornehmlich der junge, also unerfahrene Hund an Kot riecht, dann ist das natürlich. So widerlich es uns anmutet. Er erfährt, was da vor ihm war. Welche Beschaffenheit dieses Wesen hatte. Dass er dabei eventuell Parasiten aufnimmt, ist zugleich sein Gesundheits-Risiko. Das ist einer der Konflikte, die wir mit der Haustierhaltung eingehen. Daher ist eine ständige Prävention gegen diese Krankheitserreger wichtig. Wildtiere leben nicht von ungefähr kürzer als unsere gehegten und gepflegten Haustiere.


Ein übles Beiwerk unserer modernen Haushaltsweise sind Gifte aus Hauspflegemitteln. Manchmal frage ich mich, was dabei eigentlich "gepflegt" werden soll: der Fussboden oder ein Lebewesen? Kinder im Krabbelalter sind ja auch von diesen Giften betroffen. Lässt man diese "Pflege"-Mittel unbeaufsichtigt herumstehen, schnüffelt der junge Hund neugierig daran. Krebs ist inzwischen eine der häufigsten Sterbeursachen - auch für Hunde. Gegen Haushaltsgifte ist Kot geradezu "gesund". Aber unser Putzfimmel favorisiert das unnatürlich Giftige. Das geht so weit, dass manche Putzneurotische die Treppen so toll glätten, und Mensch und Tier darauf sich die Knochen brechen. Dumm gelaufen.

Zu gefährlichen Krämpfen (mit Erbrechen etc.) kann auch eine Vergiftung führen. Pflanzenfreunde streuen blindlings und oft gedankenlos oft so genannte Schädlingsgiften aus. Oder gar Ratten- und Mäusegift, das genauso - mitunter tödlich - wirkt? Auch Schneckengift der überholten Art (mit den Wirkmitteln Methaldehyd, Cumarin, Arsen, Strychnin oder Thallium) erzeugen Erbrechen, Muskelkrämpfe, Lähmungen oder "nur" Atemnot.

Nicht ohne sind auch Steckdosen in der Nähe eines Hunde-Liegeplatzes. Denn Hunde liegen oft in unmöglicher Stellung, und wenn sie sich dann mal drehen oder aufrichten wollen, stossen sie sich mit den Hinterläufen ab und geraten mit einer langen Kralle in eine Öffnung der Steckdose. Unglaublich? Alles schon vorgekommen.

Ein leidvolles Kapitel ist der Schutz vor Wunden durch das natürliche Schlecken. Die kleinsten Wunden schlecken sich Tiere "gesund"; nicht immer, sie übertragen dadurch Bakterien und infizieren die Wunde. Dagegen - vor allem nach Operationen, hilft ein Trichter, der über den Kopf gestülpt wird. Aber dies ist ein Horrorgebilde für Hunde, das überall und immer stört.

Nette Geschichte von einem Rottweiler mit Tüte: Er wollte sich mit dem Unding nicht abfinden. Immer wieder versuchte er es, mit der Tüte in seine Hundehütte zu gelangen. Ging nicht. Da nahm er einmal gehörigen Anlauf und - krach! - drin war er. Und die Tüte war endlich zerbröselt! Besser ist - wenn es irgendwie geht - eine leicht selbstklebende, elastische und luftdurchlässige Fixierbinde, die um Wunde und Körperteil gewickelt wird. Oder ein zurechtgeschnittenes T-Shirt. Es darf nur nicht beim Gehen oder Entleeren hindern. Die Wunde sollte vorher desinfiziert werden, nicht mit einem Spray, das in die empfindliche Nase steigt, sondern mit einer Lösung, die auf die Wunde geträufelt wird.

Eine weitere Unsitte krebst im Zuchtwesen selbst. Man sehe sich mal die ursprünglichen Hunde an, vom Bobtail über die Collie bis zu den Kleinhunden. Sie trugen allesamt erträgliches Fell und keine verfilzenden oder sehhinderlichen Kämm-Vorlagen. Ich halte das aus purem Pflegewahn extralang gezüchtete Überfell für eine milde Form von Qualzucht. Wildformen beweisen: Das Fell richtet sich nach der natürlichen Situation. So bleibt es bei diesen Überfellen nicht aus, dass sich logischerweise Krankheiten einnisten: Ohrenzwang wegen nicht ausreichender Belüftung, und Hautkrankheiten, die Fachbücher und Tierarztpraxen füllen. Einfältig ist auch die Züchtung von Überfaltenwürfen, von den Augenpartien bis zur Faltenbildung am ganzen Körper. Unnötig wie ein Kropf und ein Herd für Haut- und Augenkrankheiten. Alles nur aus menschlicher Eitelkeit. Aufnahmen, die solche Hunde aus früheren Jahren zeigen, blamieren die Züchter, denn diese Hunde waren vergleichsweise normal gekleidet, unbefleckt vom menschlichen Schönheitsideal.

Ein Wort an die Raucher unter den Hundefreunden: Wenn der Hund im Auto ist, bitte zu Gunsten seiner empfindlichen Nase das Rauchen einstellen. Denken Sie an seine Geruchsleistung, die Sie sonst so schätzen. Machen Sie lieber eine Zigarettenpause im Freien. Zu "Krankheiten" gehören auch die in der Umgebung des gesunden Hundes. Eine Alkoholfahne, die verminderte Zurechnungsfähigkeit, die verunsichernde Körper- und Lautsprache oder unkontrollierte Verhaltensmuster inklusive Aggression verunsichern Hunde. Sie können aufgrund der erheblichen Störungen zurecht aggressiv werden. Haschischrauch macht Hunde apathisch. Hunde haben halt einen Riecher für menschliche Geruchs- und Verhaltensstörungen.

Ein sozialfürsorglicher Hinweis für die Halter, die ihrem Hund Medizin geben müssen, die deren Vertrauen zum Halter ankratzt. Denn Hunde verbinden das Piksen oder den Juckreiz oder den Schmerz als direkt vom Halter ausgehend, und zwar auch noch von der vermeintlich so pflegenden Hand. Die Hand muss also auch etwas Schlechtes sein. So wächst vielleicht vorübergehendes, vielleicht länger anhaltendes - Misstrauen, wo vorher grenzenloses Vertrauen herrschte. Die Hunde können nicht wissen, dass es ja gut gemeint ist. Man kann zweierlei zum Wiederaufbau des Vertrauens vornehmen. Die erste Möglichkeit ist die schlechtere: Nur den Tierarzt oder jemand anderen als dem Halter die Medizin verabreichen lassen. So schiebt der Hund die "Schuld" nicht auf den Halter. Aber er misstraut dann der anderen Person, die der Halter vielleicht noch einmal gut als Helfer gebrauchen kann oder muss. Die zweite Möglichkeit: Dem Hund vor allem nie im Freilauf zu sich herholen, dann festhalten (einfangen) und die Medizin geben. So scheut er künftig das Herkommen, wenn der Hund mit tollen Belohnungen angelockt, nicht zu verfressen ist. Der Halter muss ihm also die Medizin an einem neutralen Ort geben, wo der Hund ausserdem in Ruhestellung ist. Irgendwo und irgendwann muss es ja sein. Da müssen alle durch. Beim Geben beruhigt man den Hund von Anfang an mit ruhiger Stimme, vielleicht noch mit einer weiteren streichelnden Hand, aber nicht zu aufdringlich, festklammernd! Und nie beim Schlafen! Denn das ist ein hinterhältiger Überfall. Aber hinterher immer mit einer Belohnung. Wir versüssen ihm damit das Saure. Der Hund erinnert sich beim nächsten Mal, wie der Halter ihn behandelt hat. Das gilt auch für seine Erfahrungen bei einem Tierarzt.

 

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